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Der Weg zu Deinem Zeichenstil: Wie Du startest und dabei mehr über Dich selbst erfährst

Alexandra Schulz kurz Alex ist laut Ihrem Blog Papieraugen Skizzenbuchfan, Stift-o-holiker und ständig auf der Mission, anderen die Freude des Zeichnens und Skizzierens näher zu bringen.

Sie schreibt in diesem Gast-Artikel über den eigenen Zeichenstil – und wie man ihn findet! Unzählige volle und so einige angefangene Skizzenbücher gehören mittlerweile zu ihrer Sammlung, sie kann also ganz klar als Zeichenstil-Expertin für das heutige Thema sprechen!

Viel Spaß beim Lesen und schau unbedingt auch mal auf ihrem Instagram-Account Papieraugen vorbei.

Arbeit mit und im Skizzenbuch

Arbeit mit und im Skizzenbuch (Foto: Alexandra Schulz)

Ein eigener Stil, der sofort wiedererkannt wird, gehört zum Traum vieler Künster*innen. Doch ihn zu erreichen ist gar nicht so leicht – und so gibt es einige frustrierte Kreative da draußen, die das Besondere an ihren eigenen Bildern noch nicht erkennen können. Wenn Du auch dazu gehörst, findest Du in diesem Artikel Anregungen, um dich auf den Weg zu deinem eigenen Stil zu begeben.

Was ist der eigene Stil eigentlich?

Oft wird es mit dem gleichgesetzt, was auf dem Papier landet – die Art und Weise, wie wir etwas darstellen. Allerdings verhält es sich dabei eher wie mit einem Eisberg: Das Endprodukt ist nur die Spitze, während der große Teil unter dem Wasser sich aus Deinen Erfahrungen, Deinen Interessen, Deinen Ideen und Deinem Antrieb zusammensetzt.

Kurz gesagt: Du bist das Zentrum Deines Stils. Er ist Deine Sprache! Also versuche nicht, wie jemand anderes zu sprechen, das kann über kurz oder lang nur schief gehen. Einen Stil kann man kopieren, aber nicht die Person dahinter. Ein Bild kann technisch brillant sein und sich dennoch irgendwie “leer” anfühlen, wenn es keine Geschichte erzählt. Die Verbindung, die wir zu einem Kunstwerk fühlen, ist oft eben dieses “Unsichtbare” daran, der Ausdruck, der über die reine Technik hinausgeht.

Er setzt sich zusammen aus Deiner Sicht auf die Dinge und wie Du sie in einem Kunstwerk zum Ausdruck bringst. Und wenn Du Deinen eigenen kreativen Stil finden willst, startest Du auch genau dort: bei Dir.

Die folgenden Fragen sollen dir dabei helfen, mehr über dich und deine kreativen Vorlieben zu erfahren.

1. Dein Geschmack

Glaub an Deine zeichnerische Power! (Foto: Alexandra Schulz)

Glaub an Deine zeichnerische Power! (Foto: Alexandra Schulz)

Was sind Deine Lieblingsbücher, -filme, -comics, – etc.? Welche übergreifenden Themen werden dort behandelt? (z. B. Freundschaft, Liebe, Einsamkeit … Was auch immer Dir einfällt.) Zu welcher Art Geschichte fühlst Du Dich hingezogen?

Wer sind Deine absoluten Lieblingskünstler? Die, deren Werke zu Dir sprechen und zu denen Du eine Verbindung fühlst? Was macht sie aus?

Schau hier auf jeden Fall auch über die reine Technik hinweg: Welche tieferliegenden Themen kommen in ihren Bildern vor?

Welche Techniken und Medien sprechen Dich von ihrer Optik her an? Was würdest Du gern ausprobieren?

2. Deine Kunst

Leg alle Deine Bilder, die Du zur Hand hast, nebeneinander (oder digital in einen Ordner). So kannst Du sie mit Überblick betrachten. Siehst Du Gemeinsamkeiten?

Welche Objekte/Subjekte kommen immer wieder vor (zeichnest Du z. B. gern Menschen, Tiere, Landschaften, abstrakt …)

Zu welchen Themen fühlst Du Dich hingezogen?

Was könntest Du stundenlang zeichnen/malen?

Was sprudelt aus Dir heraus, wenn Du frei ohne Vorlagen zeichnest?

Welches Medium macht Dir am meisten Spaß?

Welche Farben kehren immer wieder?

Auf welches Deiner Werke bist Du besonders stolz? (Und damit meine ich wirklich Dich und nicht, welches Bild andere als besonders gut bewertet haben!)

3. Deine Werte und Erfahrungen

Ein Stück von Dir steckt immer in Deinen Zeichnungen (Foto: Alexandra Schulz)

Ein Stück von Dir steckt immer auch in Deinen Zeichnungen (Foto: Alexandra Schulz)

Schau hier auch über den Tellerrand der Kunst hinaus:

Was treibt Dich an?

Für welche Themen setzt du Dich ein?

Welche Erfahrungen prägen Dich?

4. Input von außen

Ist es Dir schon mal passiert, dass jemand gleich erkannte, dass ein Bild von Dir ist? Außenstehenden fällt oft mehr auf als uns selbst. Frage deshalb auch andere Menschen, was ihrer Meinung nach Deine Bilder ausmacht – manche Antwort könnte Dich überraschen!

Diese Fragen bieten Dir einen ersten Ausgangspunkt, aber im künstlerischen Prozess wirst Du immer wieder auf neue Erkenntnisse stoßen. Komme deswegen gern regelmäßig zu diesen Reflektionsfragen zurück.

Deinen Zeichenstil finden: konkrete Übungen

Wenn Du etwas mehr Klarheit über dich und deine Vorlieben gelernt hast, geht es ans Eingemachte: Aus der Differenz zwischen deiner Idealvorstellung Deiner Bilder und dem Ist-Zustand leiten sich die konkreten Dinge ab, an denen du arbeitest.

Diese gesetzten Ziele erreichst Du nur im Arbeitsprozess und durchs Experimentieren. Ein Skizzenbuch ist der perfekte Ort dafür. Dort kannst du außerdem über die Zeit hinweg deine Entwicklung wunderbar nachvollziehen.

1. Immer wieder das gleiche zeichnen

Skizzieren und Zeichnen wiederholen und üben

Durch regelmäßiges Wiederholen schulst Du Deine Fertigkeiten und Deinen Stil. (Foto: Alexandra Schulz)

Eigentlich ist es ganz einfach: Möchte ich lernen, Porträts zu zeichnen, dann muss ich genau das immer wiederholen. Über die Zeit formt sich dann eine ganz eigene Herangehensweise heraus. Der einzelnen Zeichnung sollte dabei gar nicht zu viel Bedeutung (und auch Zeit) beigemessen werden – es muss kein Meisterwerk werden!

Beobachte genau, bringe die Formen zügig zu Papier und konzentriere Dich auf das große Ganze. Lass außerdem den Radierer in der Tasche. Versuche stattdessen aus Fehlern etwas für Deinen nächsten Versuch zu lernen. Gern kannst Du Dir ein Zeitlimit setzen, wenn Du Dich zu sehr in den Einzelheiten verlierst. Hier reichen schon 5–10 Minuten pro Skizze!

2. Studiere die Grundlagen

Nimm dir Zeit für die zeichnerischen Grundlagen, sie geben dir das Handwerkszeug, auszudrücken, was Du sagen möchtest. Beim Studium der Grundlagen lernst Du zum einen genaues und analytisches Hinsehen und zum anderen eignest Du Dir die Bausteine an, um Dinge auch aus der Fantasie darstellen zu können.

Zu den wichtigsten Fähigkeiten gehören beispielsweise die Darstellung von Formen, Licht und Schatten, Komposition, die Farbenlehre oder bestimmte Mal- und Zeichentechniken.

Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, dafür einen Kurs vor Ort zu besuchen. Viele Ressourcen gibt es aber auch kostenlos auf YouTube zur Verfügung.

3. Kopieren für den Zeichenstil

Das Kopieren anderer Künstler ist völlig in Ordnung, sofern Du dabei auch etwas lernen möchtest. Eine Kopie sollte nicht nur Selbstzweck sein, sondern eine Übung im Analysieren: Wie geht der Künstler an seine Darstellung heran, welche Techniken verwendet er? Was kannst Du für dich selbst mitnehmen?

Aber denke daran: Einen anderen Künstler zu bewundern und genau wie er oder sie zu malen sind zwei verschiedene paar Schuhe. Da Dein Stil einzigartig ist, versuche nicht, jemand anderen zu 100% zu imitieren.

4. Auch gut für Deinen Zeichenstil: aus der Fantasie zeichnen

Aus der Fantasie zeichnen, ist auch ein Weg den eigenen Zeichenstil zu finden.

Aus der Fantasie zeichnen, ist auch ein Weg den eigenen Zeichenstil zu finden. (Foto: Alexandra Schulz)

Während Du die Studien nach der Natur nicht vernachlässigen solltest, musst Du für den eigenen Zeichenstil auch viel aus der Fantasie zeichnen. Hier kommen am stärksten deine Eigenheiten und Besonderheiten zum Vorschein.

Und das kann, wie ich aus Erfahrung weiß, sehr schwer sein am Anfang! Ohne eine Vorlage war das weiße Blatt für mich sehr einschüchternd – ich wusste nicht, was ich überhaupt zeichnen sollte und war von meinen fehlenden Fähigkeiten frustriert, die dann umso deutlicher zum Vorschein kamen. Es hat lange gedauert, bis ich ohne Angst und Druck losskizzieren konnte.

Letztendlich verbessert man sich aber nur, wenn man an seine eigenen Grenzen stößt und sie überwindet.

Natürlich kannst Du nicht alle diese Übungen an einem Tag durchführen. Deine Aufgabe für heute lautet deshalb: Geh den ersten Schritt! Auch wenn er noch so klein ist.

Das richtige Mindset

Zeichenstil_Portrait_AlexandraSchulz

Wir vermeiden gerne, was innere Widerstände auslöst. Zu lernen, zu üben, sich weiterzuentwickeln, fühlt sich herausfordernd an. Deswegen ist es wichtig, die ersten kleinen Schritte so schnell wie möglich zu tun, damit sich keine Blockade aufbaut.

Da sich der Zeichenstil über eine lange Zeit entwickelt, musst Du auch kontinuierlich dran bleiben und eine kreative Routine aufbauen. Dazu gibt es auch einen Impuls und eine kleine Monatschallenge auf diesem Blog, lies gern mal rein.

Jeden Tag ein bisschen zu machen ist tausendfach besser als alle paar Wochen zu versuchen, den Flow wiederzufinden. Den Stift jeden Tag aufs Papier zu setzen – auch ganz ohne besondere Motivation und Inspiration – hält unsere inneren Widerstände klein. Von Tag zu Tag siehst Du vielleicht kaum eine Veränderung, aber im Rückblick wirst Du bemerken, wie Du dich weiterentwickelt hast.

Und wenn Du das Gefühl hast, Du kannst Dich (noch) nicht auf eine Richtung festlegen: Dann konzentriere Dich erst einmal auf eine Sache, starte irgendwo. Vielleicht findest Du heraus, dass es nichts für Dich ist. Auch das bringt Dich Deinem Stil näher, genauso wie jede Zeichnung, die Dir nicht gefällt!

Diese vermeintlichen “Fehlschläge” sind ein Teil des Prozesses. Trau Dir diese ersten unperfekten Schritte zu!

Sei geduldig mit Dir selbst.

Dein Zeichenstil wird sich immer wieder mit Dir verändern. Was die Fäden zusammenhält bist DU mit deinen Erfahrungen und Interessen. Also bleib Dir selbst treu und mach das, was sich gut anfühlt. Probiere dann von Zeit zu Zeit neue Dinge aus. Nimm Dir Zeit für Experimente und wage Dich hin und wieder aus der Komfortzone.

Da unser Zeichenstil so eng mit unserer Persönlichkeit verknüpft ist, sollten wir auch über den Tellerrand der Kunst schauen. Also geh raus, erlebe etwas und lass dich inspirieren.

Ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem Weg!

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