23 Sep Impuls #47: Nenn es Experiment!
Der heutige Impuls und Blogartikel befasst sich mit Deiner Angst vor dem Unbekannten, wenn Du kreativ bist. Na, eigentlich geht es vielmehr darum, die Angst ganz einfach auszutricksen. Nenn es Experiment!
Alle weiteren Impulse, die Dich aktiv kreativ(er) machen, findest Du übrigens hier auf dem Blog.
Mein wichtigster Kreativ-Hack!
Ich verrate Dir heute meinen wichtigsten Kreativ-Hack, der auch die meist gestellte Frage an mich beantwortet „Wie ich es schaffe, so viel Projekte zu rocken?“
Also, immer wenn ich neue Projekte angehe, eine neue Technik ausprobiere, ein neues Bild im Atelier malen möchte, ein neues Buch beginne oder eine Idee ausprobieren will, aber nicht weiß, wie es funktioniert oder vor lauter Respekt den Anfang scheue, dann sage ich mir selbst „Roberta, sieh es als Experiment.“
Es ist kein Projekt – Es ist ein Experiment!
Warum mache ich das? Nun ja, ich trickse mich damit aus und nehme mir die Angst vorm Scheitern.
Denn im Gegensatz zu dem perfekt erscheinenden Wort «Projekt», dürfen Experimente scheitern. Das Scheitern liegt hier zu 50% im Begriff selbst.
Laut Wörterbuch ist ein «Experiment» ein «wissenschaftlicher Versuch» oder «ein gewagter Versuch bzw. ein mit einem Risiko verbundenes Unternehmen».
Meinen Beginn also «Experiment» zu nennen, sagt mir, dass es etwas Neues ist, etwas, bei dem ich den Weg noch nicht kenne und etwas, bei dem es normal wäre, wenn es nicht klappt.
Die Trial and Error-Methode
In meinem Buch «Kreative Identität und Selbsterkenntnis» habe ich die Methode des «Trial and Error» beschrieben. Hier zitiere ich den US-amerikanischen Harvard-Professor und Autor David A. Edwards, der in seinem »Le Laboratoire« in Paris erfolgreich Kunst, Design und Wissenschaft vernetzt.
Das Zitat geht so:
»Als Kreativer kommt man dem Ziel nur durch Probieren und Studieren näher. Erst einmal ist man ratlos, weiß nichts. Dann beginnt man zu glauben, eine vage Ahnung zu haben – und wird doch prompt auf den Ausgangspunkt zurückgeworfen. Wer sich allerdings Schritt für Schritt voran tastet, wird der Verwirklichung seines Traumes näherkommen.«
(aus: Thomas Hammerl, my inspiration – Top-Kreative weltweit offenbaren ihre Erkenntnisse über Intuition, Inspiration, Kreativität, Flops und Erfolg, Thomas Hammerl Verlag, Augsburg, 2016, Seite 71)
David E. Edwards spricht hier von »Trial and Error«, auf Deutsch: »Versuch und Irrtum«. Er spricht also auch vom experimentellen Arbeiten. Wichtig dabei ist vor allem die Erfahrung! Nur ein Buch zu lesen, etwas theoretisch zu durchdringen, verändert erst einmal gar nichts!
Um kreative Erkenntnisse für Deine Arbeit zu gewinnen, musst Du schon selbst ins Handeln kommen und diese Handlungen immer wieder erproben, wiederholen, anpassen, stecken bleiben, sehen, wo es nicht weitergeht, »Trial and Error«, neu ansetzen, etwas modifizieren, in dieser neuen Richtung weitergehen, in den Flow kommen, alles um Dich herum vergessen, neue Erkenntnisse gewinnen, Überraschungen erleben, Fehlschläge hinnehmen, neu starten und so weiter.
Und all das schaffe ich tatsächlich besser, wenn ich meine neuen Projekte «Experimente» nenne.
Tutorials oder „Einfach ausprobieren“?
Vielleicht noch ein Beispiel aus meinem kreativen Alltag: Es gibt unterschiedliche Arten, sich etwas Neues beizubringen. Man kann einen Kurs belegen, in dem man z.B. eine neue Technik oder eine neue Software lernt. Man kann sich Tutorials im Internet durchlesen oder auf einer Videoplattform ansehen.
Oder man kann es sich versuchen durch «Trial and Error» selbst beizubringen und eher intuitiv an eine neue Sache heranzugehen.
Ich glaube, ich bin sehr oft in meinem kreativen Prozess, beim Malen, Zeichnen, Schreiben und Gestalten der inutive Typ. Auch fehlt mir oft die Zeit und die Geduld, mich gefühlt stundenlang in etwas einzulesen, einzusehen. Dennoch möchte ich gern eine neue Software beherrschen, ein neues Gerät benutzen oder eine neue Online-Plattform ausprobieren.
Also gehe ich nicht selten nach dem »Trial and Error«-Prinzip vor: Ich nähere mich durch Experimentieren, Ausprobieren und »einfach machen« an das neue Sujet an.
Was haben Photoshop, eine Leinwand selbst bauen, Podcasten und Tätowieren gemeinsam?
Trial and Error ist auch eine Form von kreativem Handeln und so habe ich mir einiges im Laufe der Jahre autodidaktisch angeeignet: Photoshop konnte ich bereits bedienen, bevor ich Abitur hatte (und das ganz ohne Internet, Video-Tutorials oder ein Buch).
Ohne wirklich Ahnung von Elektronik zu haben, konnte ich mit 18 Jahren eine Stereoanlage mit diversen Geräten anschließen.
Mit Mitte Zwanzig habe ich meine ersten Keilrahmen mit ein paar Holzleisten, einer Säge, einem Tacker und Baumwollstoff selbst gebaut, ohne je ein Tutorial dazu gesehen zu haben.
Mit Ende Dreißig habe ich meinen ersten Podcast gestartet, ohne Ahnung von Schnitt- und Audio-Technik und den Distributionsmöglichkeiten (Podcast-Plattformen, Hoster, Newsletter-Marketing, Blog etc.) zu haben.
Vor zwei Jahren hielt ich das erste Mal in meinem Leben eine Tätowiermaschine in den Händen und fand einen mutigen Menschen, der sich eine meiner Zeichnungen von mir unter die Haut stechen ließ. Ich hatte vorher übrigens mit Kunsthaut geübt, um die Maschine so besser kennenzulernen und einschätzen zu können – und ich hatte einen erfahrenen Tätowierer an meiner Seite, der mir alles Grundsätzliche erklärt hat und auch beim ersten Tattoo, was ich gestochen habe, dabei war.
Neuester Versuch: Das Vergolden von Leinwänden
Vor ein paar Monaten habe ich das erste Mal mit goldfarbenem Blattmetall des heutigen Impulsfolgen-Sponsors KREUL gearbeitet und eine große Leinwand in meinem Atelier damit veredelt.
Es hat nicht sofort perfekt geklappt, aber immerhin, das Bild ist doch ganz gut geworden und eine goldene Sonne ist zu sehen, davor das Porträt eines riesigen comichaften Pferdekopfes.
Das Bild wird demnächst auch in einer Ausstellung das erste Mal zu sehen sein. Und es hätte es nicht gegeben, wenn ich es nicht unter das Motto «Heute mal ein neues Experiment» gestellt hätte und zögerlich gewesen wäre.
Und glaub mir, zweifeln kann ich schon sehr gut und mich auch oft selbst schlecht reden, nach dem Motto: «Ich kann das alles nicht. Ich bin ein Stümper. Ich sollte das Leuten überlassen, die davon Ahnung haben.»
Das Ganze dann als Experiment zu sehen, hilft mir, mich über meine Angst und inneren Zweifel hinwegzusetzen und in die Umsetzung zu kommen. Wenn Du Dich jetzt fragst, wie wohl das Bild aussieht, dann schau Dir gern das Making-Of-Video auf YouTube an.
In dem etwa 20-minütigen Film begleitest Du mich, wie ich dieses Bild in meinem Atelier male und vergolde.
Learning by Doing
Eine zweite Methode, die ich in meinem Buch «Kreative Identität und Selbsterkenntnis» benenne, ist «Learning by Doing», also das Lernen, während man etwas macht.
Lernen bedeutet ja, dass Du Dir Wissen aneignest, was Du vorher nicht hattest und Neues lernen kannst Du eben hervorragend, indem Du es einfach tust! Das viel besprochene «einfach machen». So findest Du am einfachsten heraus, ob Dir die Sachen liegen, mit denen Du Dich da gerade beschäftigst.
Und «Learning by Doing» bedeutet auch wieder, dass Du etwas Neues als «Experiment» betrachten kannst, um Dich zu überwinden und es einfach anzugehen.
Experimente, die ins Nichts führen
An dieser Stelle vielleicht noch ein Gegenbeispiel aus meinem kreativen Leben: Als ich Design studiert habe, hatte ich einen Kommilitonen, der sich ein freies Projekt ausgedacht hatte, es hieß «Designer singen die Beatles». Er hatte seine Lieblingslieder der Beatles neu aufgenommen, er war ein ambitionierter Hobbymusiker, spielte Gitarre und hatte so einige digitale Musikinstrumente am Start, keine Ahnung.
Alles, was ihm noch fehlte, waren die Designer, die singen. Er sprach also alle Kommilitonen an, inklusive mich. Ich war neugierig und sagte zu. Er gab mir ein Lied vor, welches ich üben und dann bei ihm einsingen sollte.
Ich übte wochenlang, dann kam der Tag der Aufnahme. Nach gefühlten 10 Takes hatte er das, was er sich vorgestellt hatte oder ließ mich zumindest in diesem Glauben. Er mischte alles zu einem Lied. Und am Ende gab es eine ganze Platte mit 8, 9 Kommilitonen inklusive mir, die die Beatles sangen.
Ich mag das Lied heute noch, muss mir aber auch eingestehen, dass Singen nicht zu meinen Talenten und Stärken gehört. Man hört meinem Lied schon an, dass es an einigen Stellen schief klingt. Und ich keine Ahnung hatte, was ich da eigentlich mache. Es war ein Experiment ohne Konsequenzen, sogar eine gute Erfahrung und eine schöne Erinnerung an unsere gemeinsame Studienzeit. Aber ich bin zu der Erkenntnis gekommen, dass Singen nichts ist, was ich weiterverfolgen möchte. Das Experimente ist zwar nicht gescheitert, aber es war letztendlich eine Sackgasse und das ist auch okay.
So, nun hab ich echt aus dem Nähkästchen geplaudert. Ich hoffe, Du hast dadurch Lust bekommen, auch mal was Neues auszuprobieren und den Trick des «Experiments» zu verwenden, dann kommt hier Deine heutige Impulsaufgabe:
Deine Impulsaufgabe: Nenn es Experiment!
Wie Du es schon ahnst: Starte ein neues Projekt, ganz egal, was es ist und nenn es Experiment!
Lass Dich auf dieses Experiment ein, scheue nicht vor dem Ungewissen, habe keine Zweifel oder Ängste. Wisch diese weg, indem Du Dir sagst «Es ist ein Experiment! Ich teste das jetzt einfach mal aus und es darf alles passieren. Nicht bewerten. Erstmal machen. Und vielleicht klappt es ja und wenn nicht, dann darf es auch schiefgehen. Das ist kein Problem!».
Schau, dass Du Dein Experiment in den nächsten 2 Wochen startest und ausprobierst. Schieb es nicht auf die lange Bank. Vielleicht hast Du sogar heute schon Zeit? Nimm Dir vielleicht 30 Minuten Deiner Zeit. Setz Dich bewusst an etwas Neues, was Du schon länger ausprobieren wolltest, und fang an. Schau auf die Uhr und sag Dir «Ich probiere das jetzt mal 30 Minuten und schaue was passiert.»
Ich wünsche Dir viel Spaß beim experimentieren! Und denk gern an mich und meine Experimente! Und wenn Du magst, berichte mir im Anschluss davon.
Das war mein 47. Impuls für Dich!
Wenn Du noch Fragen dazu hast, schreib mir gern an oder sprich mir bei Speakpipe eine Sprachnachricht ein. Ich freue mich in jedem Fall über Feedback von Dir zu dieser speziellen Aufgabe! Lass mich wissen, ob dieser Impuls etwas mit Dir gemacht hat!
Diesen Blogartikel als Podcastfolge anhören
Und hier kommt die Impuls #47-Podcastfolge zum direkten Nachhören:
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